Samstag, 15. März 2008

Dschungeltour zweiter Teil

Da will ich mal meinen Bericht unserer Dschungeltour zu Ende bringen. Unser dritter Tag im Dschungel ging sehr langsam los. Nach dem allmorgendlichen Ritual des Schuheausklopfens und einem leckeren Fruehstueck ging es zur Schule der Kommune. Dort sollten wir die Kinder urspruenglich nur kurz besuchen und mit Liedern auf Quichua begruesst und wieder verabschiedet werden. Da die Lehrerin fuer diesen Tag allerdings ausgefallen war und Emilio wusste, dass wir beide ein Volontariat an einer Schule absolviert hatten, hielt er es wohl fuer eine tolle Idee, dass wir den Unterricht uebernehmen und gestalten. Das fanden wir beide nicht so toll und hatten nach etwas mehr als anderthalb Stunden auch keine Ideen mehr (hatten ihnen ein paar Worte auf Deutsch beigebracht und sie uns auf Quichua und mit ihnen Plumpssack gespielt), was man denn noch so mit den Kindern machen koennte (Lust davon abgesehen auch nicht). Emilio hat dies gemerkt (war nicht sehr schwer) und hat die Kinder folglich frueher in den Feierabend verabschiedet. :-)
Anschliessend sind wir zu unserer Cabaña zurueck, wo wir den Dorfbewohnern beim Arbeiten zugeschaut haben. Die hatten naemlich eine Minga einberufen, um das Dach unserer Cabaña in Gemeinschaftsarbeit neu zu decken und sich etwas um das umliegende Gelaende zu kuemmern. Dabei war schwere koerperliche Arbeit angesagt. So mussten die Maenner und Frauen das Gras zum Beispiel mit einer Machete kuerzen, da es keinen Rasenmaeher gab! Wir haben uns derweil etwas in den Schatten geknallt und bei Musik entspannt. Es haette nur noch eine Haengematte und ein Cocktail gefehlt. ;-)
Nach unserem Mittagessen ging es dann allerdings etwas sportlicher weiter. So sind wir durch den Urwald bis zu einem gigantischen Baum gelaufen. Dieser soll laut Emilio vermutlich mehr als 500 Jahre auf dem Buckel haben. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so einen riesengrossen Baum gesehen. Er war um die 80 Meter hoch und hatte einen geschaetzen Umfang von 20 Metern (wenn das ueberhaupt reicht). Ausserdem hatte er fantastische und riesengrosse Brettwurzeln ausgebildet und sah einfach nur imposant aus.
Danach sind wir zu einer Familie gegangen, die gleich um die Ecke wohnte. Von dem Haus hatte man einen tollen Blick ueber den Río Napu und einen Ausblick ueber einen kleinen Teil des Dschungels. Wir haben dort eine ganze Weile zugebracht und uns an dem unglaublichen Blick ergoetzt. Kurz bevor wir gegangen sind, haben wir ungluecklicherweise chicha angeboten bekommen, die wir schlecht ablehnen konnten. Die war zwar nicht ganz so eklig wie die vom Vortag, aber immer so meilenweit von einem Zustand wie "lecker" entfernt.
Nachdem wir uns schliesslich wieder einen Weg zu unserer Cabaña gebahnt hatten, haben wir unsere Siebensachen zusammengesucht und sind in einem kleinen Fluss mit natuerlich abgegrenzten Becken baden gegangen. Das Wasser sah zwar etwas trueb aus (was an den Sulfaten im Wasser lag), soll aber fuer den Koerper eine Wohltat sein. Ich kann das nicht so ganz beurteilen, da ich es nicht furchtbar lang im kuehlen Nass ausgehalten habe. Dies hatte mehrere, und in meinen Augen ueberaus gute Gruende: Erstens wusste ich nicht, wass sich unter mir im Wasser befindet, da man ja nichts sehen konnte; Zweitens sah ich mich durch ein Kommentar Anna-Lenas an die Geschichte mit dem Wurm erinnert, der unter Umstaenden ueber die Harnroehre in den Koerper kriecht (laut Emilio existiert der nicht in fliessenden Gewaessern, aber da das Wasser in dem Becken ja nicht als richtig fliessend bezeichnet werden kann, war ich mir da nicht so sicher); Drittens hatte ich eine Spinne an der Seitenwand entdeckt (nicht sooo riesig, aber gross genug fuer so ein bloedes Vieh), die ploetzlich nicht mehr da war; und Viertens war das Wasser verdammt kalt (vermutlich der einzige Grund, der eventuell Einigen von euch einleuchtet). :-D
Nach dem Abendessen hat Emilio uns schliesslich noch etwas ueber die Legenden der Gegend erzaehlt, aber da wir beide ziemlich muede waren, lagen wir dann doch relativ frueh im Bett. Mussten uns dazu allerdings erstmal durch stroemenden Regen kaempfen, der aber immerhin den Vorteil hatte, das schwelende Feuer, dass neben unserer Huette gelegt wurde, um die alte Dachdeckung der Cabañas abzufackeln, zu loeschen (hatte mir schon ausgemalt, wie ich an einer Rauchvergiftung zu Grunde gehe).
Am Mittwoch ging es nach dem Fruehstueck wieder in den Dschungel rein, um uns die Plantage von Xavier anzuschauen. Auf dem Weg dorthin hat sich Anna-Lena dann ihre erste Dschungelverletzung zugezogen. Und zwar hat sie sich die Kopfhaut an einem Dorn etwas aufgeratzt. Da es sich um eine Kopfwunde gehandelt hat, hat diese natuerlich sofort angefangen zu bluten (allerdings nicht sehr stark). Emilio hat sie dann mit natuerlichem Alkohol einer Pflanze sozusagen erstversorgt. :-) Danach sind wir nichtdestotrotz zur Plantage weitergelaufen. War mal wieder extrem matschig und ich haette einmal sogar meinen Gummistiefel verloren, wenn Emilio mich nicht samt Schuh aus dem Matsch gezogen haette. ;-)
Auf der Plantage angekommen, haben wir dann schliesslich den Maennern etwas bei der Arbeit zugeschaut. Die haben diese fuer den Anbau von Yucca vorbereitet und alles "Unkraut" mit einer Machete beseitigt. Dort hat es leider von Muecken gewimmelt, die sich durch die Arbeit der Maenner in ihrer Ruhe gestoert sahen und es folglich alle fuer eine augezeichnete Idee hielten, sich bei mir niederzulassen. Ich fand das natuerlich nicht so toll und auch etwas beunruhigend, da die sich aufgrund meines Mueckenmittels eigentlich gar nicht erst in meine Naehe haetten wagen duerfen - aber da stand ich nun neben Anna-Lena mit einer frischen und leicht blutigen Kopfverletzung und wurde von Muecken belagert, waehrend sie friedlich und unbehelligt neben mir stand! :-( Ich habe folglich die ganze Zeit wedelnd mit meiner Jacke auf dem Feld zugebracht, damit sich die Muecken erst gar nicht richtig hinsetzen und zustechen koennen.
Auf dem Rueckweg von der Plantage haben wir dann einige Samen und Pflanzen fuer die Kunstherstellung am Nachmittag eingesammelt. Bei den Cabañas angekommen habe ich mich dann aufopferungsvoll um Anna-Lenas Verletzung gekuemmert und diese mit Wattestaebchen und Desinfektionszeug gereinigt (hat schon seine Vorteile, wenn die eigene Mutter gelernte Krankenschwester ist - immerhin wurde mir bei dem Blut nicht schlecht). :-) Anschliessend haben wir mit der Herstellung des Kunsthandwerkes begonnen. Dazu haben wir zunaechst zugesehen wie Emilios Bruder aus dem langen Blatt einer Pflanze natuerliche Fasern gewonnen hat. Diese wurden erst von ihrer gruenen Huelle befreit, bevor sie dann gewaschen und getrocknet wurden. Danach wurden aus den Fasern Faeden fuer Ketten und Armbaender in muehsamer Arbeit gewonnen. Anschliessend hat er kleine Loecher in die gesammelten und mitgebrachten Kerne gebohrt und uns gezeigt wie man mit den Materialien ein Armband herstellen kann. Anna-Lena und ich haben jeweils ein Armband hergestellt und danach noch jeweils eine Kette aus den gleichen Materialien gekauft (war keine Zeit mehr die noch selber zu machen). :-)
Danach ging es noch mal in den Urwald um die traditionelle Fallenstellung kennenzulernen. Emilio hat dazu direkt vor unseren Augen drei Fallen gebaut, die vollstaendig aus natuerlichen Materialien hergestellt waren. Sie waren alle drei sehr effektiv und, besonders die erste, auch ziemlich brutal. Mit den Fallen kann man so gut wie alles fangen - angefangen von kleinen Saeugetieren und Voegeln bis hin zu groesseren Tieren.
Auf dem Weg zu unserer Huette zurueck, es war kurz davor zu daemmern, sind wir wie immer hinter Emilio hergelaufen, bis er mit einem Schlag stehen geblieben ist. Als wir wissen wollten was los ist, wollte er wissen, ob wir "es" sehen koennen. In dem Moment dachte ich schon, dass es sich vermutlich um eine Schlange handelt, habe aber einige Augenblicke gebraucht bis ich sie dann auch gefunden habe. Diese hatte sich naemlich ganz heimtueckisch auf einem Ast niedergelassen um dort auf Beute (also uns) zu warten. Heimtueckisch ist es insofern, dass ich meist so viel damit zu tun hatte, dass ich mich bei dem vielen Matsch nicht am laufenden Band hinlege, dass ich meine gesamte Konzentration immer nur auf den Weg und nicht auf Aeste darueber gelegt hatte! Bei der Schlange handelte es sich um ein ziemlich giftiges und wohl auch aggressives Exemplar, so dass wir einen anderen Heimweg eingeschlagen haben (und das obwohl Emilio eine Machete dabei hatte).
Wieder bei der Huette angekommen (lebend!) hatten wir dann etwas Zeit unsere auferzwungene Nummer fuer den Abschiedsabend einzuueben, der nach dem Abendessen stattfinden sollte. Wir durften naemlich nicht nur passiv daran teilnehmen, sondern sollten uns auch aktiv mit etwas beteiligen. Von der Grundidee war das ja wirklich nett gemeint - sie konnten ja nicht wissen, dass sie bei mir auf einen absolut talentfreien Menschen gestossen sind, der weder tanzen noch singen noch irgendetwas kann, dass man in irgendeiner Weise vortragen koennte. Anna-Lena ging es nicht viel anders und so haben wir uns dazu entschieden ein Lied in Quichua vorzutragen (Strafe muss sein!), dass gluecklicherweise nur aus zwei Stropfen bestand. Sofern wir auch nur einen einzigen Ton getroffen haben, war das purer Zufall (kann jeder bestaetigen, der mich schon mal hat singen hoeren muessen). :-D Doch damit nicht genug, mein zweites nicht existierendes Talent wurde bei zwei Taenzen auch noch mal zur Schau gestellt (ich war so schlecht, dass ich ausgelacht wurde). :-( Gegen 10 Uhr wurden wir dann aber gluecklicherweise erloest und durften ins Bett.
An unserem letzten Tag im Dschungel ging es nach dem Fruehstueck im stroemenden Regen (was sonst?!?) durch den Urwald Richtung Bushaltestelle, wo wir mit dem Bus zu unserem Ausgangspunkt fuer die Kanufahrt gefahren sind. Kurze Zeit spaeter ging es dann auch los. Das Kanu entpuppte sich als ueberaus wackelige Angelegenheit und ich hatte echt verdammten Bammel, dass wir mit Sack und Pack untergehen. Anna-Lena war aber so lieb und hat mir Haendchen gehalten, so dass ich die einstuendige Fahrt dennoch ganz gut ueberstanden habe. :-)
An unserem Ziel, dem Amazoonico, angekommen, wurden wir von einem hyperaktiven Schweizer durch die Anlage gefuehrt, der uns die einzelnen Tiere gezeigt hat und auch etwas von seinem Leben als Volontaer erzaehlt hat. Da ich auch dort haette arbeiten koennen, fand ich seine Berichte sehr interessant. Die Arbeit waere sicherlich sehr spannend gewesen, aber hinsichtlich meiner Spanischkenntnisse mehr als fatal. Dort gibt es zur Zeit mehr als 11 Volontaere und Deutsch ist mehr als ausreichend als Sprache vertreten. Ausserdem gibt es dort weder Strom, noch warmes Wasser, Telefon oder Internet. Vor dem Hintergrund war mein Volontariat an der Schule da doch wesentlich besser. :-) Meine Erwartungen von Amazoonico waren ziemlich gross gewesen und so war ich nach der Fuehrung doch etwas enttaeuscht, da ich mit mehr und groesseren Tieren gerechnet hat. Das Gelaende und das Projekt hat mir nichtdestotrotz sehr gut gefallen.
Nach unserer Tour durch die Wildtierauffangstation ging es dann mit dem Kanu wieder flussaufwaerts, wo wir in einem kleinen Ort einen Zwischenstop eingelegt haben um zu Mittag zu essen. Dort haben wir dann auch den ersten Schokoriegel seit mehreren Tagen erworben, der zwar absolut ueberteuert war, aber erhebliche Glueckhormone waehrend der restlichen Rueckfahrt im Kanu ausgeloest hat. :-D Nachdem wir wieder festen Boden unter den Fuessen hatten, haben wir uns in den naechten Bus nach Tena gesetzt. Hatten allerdings noch ein paar Minuten Zeit die dort freilebenden Affen beobachten zu koennen und uns darueber zu amuesieren, wie sie andere Touristen beklauen.
Wieder in Tena angekommen haben wir uns ein kleines Hostal gesucht, unsere Rucksaecke abgeladen und sind vor unserer Essenssuche noch ins Internet gegangen (von wo ich auch meinen ersten Teil geschrieben habe). In der Unterkunft konnten wir dann wieder ausgiebig duschen und bei elektischem Licht und anstaendigen Betten die Vorzuege der Zivilisation geniessen. :-)
Und damit bin ich am Ende meiner Dschungeltour angekommen. Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Einblick davon verschaffen, wie es im Urwald ist bzw. ich ihn erleben durfte. Bilder folgen bei Gelegenheit.
Ganz liebe Gruesse,
Kathrin








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