Nach etwas mehr als zwei Wochen an der Schule ist es wohl an der Zeit mal eine kurze Zusammenfassung meiner Eindruecke abzuliefern.
Die Schueler und die Lehrer sind wirklich superlieb. Wenn ich morgens auf dem Weg zur Schule von den Schuelern erspaeht werde, dann kommen die Kleinen meist gleich auf einen zugestuermt und laufen dann Hand in Hand und munter vor sich hinbrabbelnd mit mir zur Schule. In der Schule erfolgt dann der naechste Schwung an Schuelern, die angestuermt kommen um einen zu umarmen. Nach knapp drei Wochen hat die anfaengliche Begeisterung der Kleinen zwar etwas nachgelassen, aber es gibt immer noch Einige, die sich sehr freuen, wenn sie einen sehen.
Mittlerweile hat sich auch das Chaos der ersten Tage etwas gelegt. Die ersten Englischstunden waren mehr als chaotisch, da ich nicht wusste, was die Schueler schon koennen, mir saemtliche Unterrichtsmaterialien gefehlt hatten und ich keinen Schimmer hatte, wie die Unterrichtszeiten sind. Inzwischen durchschaue ich das Ganze schon etwas besser und habe auch einen festen Stundenplan und weiss genau an welchen Tagen ich welche Klassen unterrichte und kann die Stunden auch im Vorfeld planen, da ich die entsprechenden Materialien hier habe. Allerdings sind mir die Stundenzeiten nach wie vor etwas raetselhaft und ich habe das Gefuehl, dass die Faecher hier teilweise so unterrichtet werden, wie eben Zeit ist. Daher kann es schon mal vorkommen, dass ich zwar weiss, welche Klassen ich an dem Tag in Englisch unterrichte, aber eben nicht genau wann – das sehe ich dann meistens immer erst vor Ort.
Die Pausenzeit ist hier uebrigens sehr lang. Laut Plan geht sie eigentlich nur eine halbe Stunde, aber nach meiner Uhr geht sie meistens mehr als eine Stunde, da die vierte Unterrichtsstunde in der Regel komplett zur Pause umfunktioniert wird. Auch halten sich nicht alle Lehrer an die Pausenzeiten. Manche geben noch Unterricht, waehrend andere schon laengst in der Pause sind. Ich hoffe mal, dass sich diese Verwirrung in den naechsten paar Tagen und Wochen noch legt. Vielleicht bin ich auch einfach furchtbar schwer von Begriff. :-)
Die Stunden laufen uebrigens generell viel chaotischer ab als bei uns. Hier kommt es unter Umstaenden schon mal vor, dass man zwei Klassen gleichzeitig unterrichtet (Hilfe! Fuer sowas wurde ich nicht ausgebildet). Die Klassen sind hier zwar kleiner als bei uns, aber die Doppelbelastung ist enorm. Waehrend man den einen noch erklaert was sie machen sollen, quaeken die anderen schon wieder rum. Und hoeren tun die Schueler ja gleich mal gar nicht. Die Kleinen bleiben hier nicht etwa ruhig sitzen, sondern stehen auf, kommen mit ihren Heftern um zu zeigen, was sie schon gemacht oder nicht gemacht haben, gehen zu ihren Klassenkameraden, wo sie im besten Fall nur quatschen oder sich im schlimmsten Fall anfangen zu pruegeln! Tja, die Verhaeltnisse sind hier echt ein bisschen anders als in deutschen Klassenzimmern, aber es macht dennoch Spass – wenn mich die Schueler allerdings auch teilweise auf eine arge Geduldsprobe stellen und mir schon das ein oder andere mal der Kragen geplatzt ist. Allerdings habe ich mit Englisch noch Glueck. Hier werden die Klassen naemlich in der Regel getrennt, so dass ich mich nur mit einer Klasse rumaergern muss und ausserdem sitzt auch meist eine der Lehrerinnnen als Aufsichtsperson mit bei mir im Zimmer um die Disziplin zu erhalten. Auf mich hoeren sie naemlich meist nicht wirklich gut oder lange, bei den Lehrerinnen verhaelt sich die Sache aber schon anders.
Waehrend einer Klassenarbeit lief es uebrigens aehnlich chaotisch ab. Das war aber auch Schuld der Lehrerin, da sie mich mit der Aufsicht die meiste Zeit allein gelassen hatte, obwohl sie wusste, dass die Schueler nicht wirklich gut auf mich hoeren. Zwischen den Schuelern herrschte ein reger Austausch an Informationen was die richtige Loesung anbelangt, so dass ich mich dazu gezwungen sah fast die gesamte Klasse auseinander zu setzen (scheint besonders bei den Maedchen eine wirksame Kardinalsstrafe zu sein). Dadurch hatte zumindest das Abschreiben ein Ende und das Geschnatter ging dadurch ebenfalls etwas zurueck.
Was kann man sonst noch zu den Schuelern erzaehlen? Sie tragen in der Regel einen Pullover als Schuluniform oder ihre Sportkleidung, wenn sie Sportunterricht haben (habe ich allerdings noch nicht ein einziges Mal in der Zwischenzeit gesehen). Vor Beginn des Unterrichts muessen sich die Schueler alle entsprechend ihrer Klassenstufe und getrennt nach Jungs und Maedels versammeln. Dann werden entweder wichtige Informationen durch die Lehrerinnen verkuendet oder die Schueler muessen einige Minuten Fruehsport ueber sich ergehen lassen. Nach der Pause bietet sich ein aehnliches Bild. Wenn es nicht gerade regnet, muessen sich die Schueler meist wieder versammeln und dann entweder Sport machen, sich einen Vortrag der Lehrerinnen anhoeren oder die ecuadorianische Hymne singen.
Um die Mittagszeit herum gibt es dann das Mittagessen fuer die Schuler bevor diese nach Hause koennen. Da nicht genuegend Geschirr fuer alle vorhanden ist, werden die Schueler, besonders die Kleinen, meist zur grossen Eile beim Essen angetrieben. Die Schulkantine sieht danach uebrigens immer wie ein kleines Schlachtfeld aus, da Sauberkeit hier nicht so eine grosse Rolle spielt. Das spiegelt sich meist auch in den Heftern der Kleinen wieder. Die Schueler besitzen zwar in der Regel fuer jedes Fach ein Heft, aber das wird normalerweise mehr schlecht als recht gepflegt. Da werden gerne mal Seiten fuer Papierflieger rausgerissen, geschmiert bis zum geht nicht mehr und was weiss ich nicht noch alles gemacht.
Nach dem Mittagessen, also gegen halb eins, duerfen die Schueler dann nach Hause und obwohl sie den ganzen Nachmittag Zeit haben, werden Hausaufgaben eher selten gemacht. In vielen Faellen sind die Eltern wohl nicht hinterher und kontrollieren was der Nachwuchs gemacht oder nicht gemacht hat. In manchen Faellen fehlen den Kleinen sogar die elementarsten Sachen, wie Bleistifte oder Radiergummi, da es die Eltern nicht interessiert und sie die Sachen nicht kaufen. In der vierten Klasse hat es demletzt viele Nullen (vergleichbar mit einer 6) gehagelt, da fast saemtliche Schueler die Hausaufgabe in Englisch nicht gemacht hatten, obwohl diese wirklich einfach war und aus einem einzigen Satz bestand (Nicht meine Entscheidung, sondern die der Lehrerin). Ich hoffe dennoch, dass diese Massnahme etwas gezogen hat und die Schueler in Zukunft etwas sorgsamer hinsichtlich ihrer Mitarbeit und Hausaufgaben sind. Generell ist das Niveau in Englisch naemlich selbst in den groesseren Klassen nicht sehr hoch und es werden die einfachsten Sachen eingeuebt – unsere Fuenftklaessler koennen nach einem Jahr wesentlich mehr, als die Siebtklaessler hier (auch wenn das oftmals nicht den Eindruck erweckt, wenn man sich unsere Schueler so anschaut). :-D
Mittlerweile kann ich auch etwas ueber ausserschulische Aktivitaeten berichten. Den einen Nachmittag bin ich mit den Lehrerinnen zusammen zu einem kleinen Jungen gegangen, der momentan nicht zur Schule gehen kann, da beide Beine eingegipst sind. Was die Ursache dafuer war, habe ich leider nicht richtig verstanden. Der kleine Junge muss aber scheinbar noch die naechsten drei Monate so zubringen und wurde operiert. Der kleine Knirps war das Elend in Person. Ich habe noch nie in meinem Leben ein so schwaches und so extrem abgemagertes Kind gesehen. Die Beine bestanden wirklich nur noch aus Haut und Knochen und der Anblick hat mir die Traenen in die Augen getrieben. Die Lehrerinnen und die Schwester des Kleinen waren allerdings sehr gelassen und ruhig und von daher gehe ich mal davon aus, dass es nicht so schlimm um den Kleinen steht wie es den Anschein erweckt hat.
An einem anderen Nachmittag war ich mit den Lehrerinnnen in Sangolquí um Sportkleidung zu kaufen, da am naechsten Tag irgendein sportliches Event stattfinden sollte. Das kam mir ganz entgegen, da ich ueberhaupt nicht daran gedacht hatte so etwas wie Sportsachen einzupacken (wieder ein Beweis mehr fuer meinen sportlichen Ehrgeiz). Wir sind dann nach der Schule mit dem Bus in die Stadt rein und etwas durch die Gassen gebummelt. Dort gab es wahnsinnig viele Staende mit allen moeglichen Sachen, von Obst und Gemuese ueber Klamotten und Gebrauchsgegenstaende. Wir sind dann in mehrere Laeden und haben nach einer guenstigen Sportkombi bestehend aus Hose und Jacke gesucht und sind letzten Endes auch in einem kleinen Laden fuendig geworden. Die Wahl stand zwischen einer Sportbekleidung in schweinchenrosa oder tuerkis – nach langem Hin und Her haben sich die Lehrereinnen dann Gott sei Dank auf das tuerkise Set geeinigt und wir sind umgerechnet ca. 11 Euro leichter wieder nach Hause gezogen.
Am naechsten Tag fand dann besagtes sportliches Grossereignis statt. Bin morgens in meinen neuen Sportsachen an die Schule gelaufen, von wo wir dann nach ca. einer Stunde ins Sportstadium gefahren sind. Dort war schon wahnsinnig viel los und es waren sehr viele Schueler verschiedenster Schulen anwesend. Nach weiterer Wartezeit ging es dann los und es gab eine Parade der verschiedenen Schulen, die mit ihren Schulbannern und einigen Vertretern der Schuelerschaft in das Stadium eingezogen sind und sich einigen hohen Tieren praesentiert haben. Ich war mit von der Partie und bin brav hinterhermarschiert und kam mir reichlich unbehaglich dabei vor so im Mittelpunkt zu stehen. Nach der Parade war auch schon wieder alles vorbei. Hatte ja gedacht, dass die Schulen gegeneinander in den verschiedenen Sportarten antreten, denn das hatte ich im Vorfeld so verstanden, aber dem war nicht so. Also ging es mit der ganzen Schuelerschaft wieder Richtung Bus und zurueck nach Fajardo. Gluecklicherweise war eine Mutti mitgekommen, denn alleine (die anderen Lehrerinnen hatten irgendeine Versammlung) haette ich die Schueler glaube nicht unter Kontrolle halten koennen – die sind echt wie ein Sack Floehe!
Der letzte Ausflug den ich mit der Schule zusammen hatte, war letzte Woche Donnerstag. Nachdem ich mal wieder eine nervenaufreibende Englischstunde mit der 3. und 4. Klasse (gleichzeitig) hinter mir hatte, ging es mit dem Bus und der gesamten Schuelerschaft an eine andere Schule in der Naehe von Sangolquí. Dort hatten die verschiedenen Klassenstufen unterschiedliche Projekte vorbereitet, wie zum Beispiel ein kurzes Theaterstueck vom gestiefelten Kater (die Baeume gespielt von Schuelern waren total suess) oder Praesentationen der verschiedenen Wirtschaftssektoren oder der Vorzuege verschiedener Obstsorten. Die Schueler hatten sich wirklich viel Muehe gegeben und es waren auch viele andere Schulen vor Ort, die sich das anschauten.
Das waren bisher meine Eindruecke von der Schule. Ich habe vor zu verlaengern und bis Ende Februar hier zu bleiben, da mir der Unterricht trotz allen Anstrengungen Spass macht. Und selbst wenn ich verlaengere sind es nur noch knapp 3/1/2 Wochen und dann geht schon meine Reisezeit hier in Ecuador los.
Und damit wuensche ich euch alles Liebe und bis hoffentlich bald,
Kathrin
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