Montag, 21. Januar 2008

Neue Unterkunft, erste Schultage, Ausflug nach Baños

Seit meinem letzten Eintrag ist sehr viel passiert: Ich habe die Unterkunft gewechselt, meine ersten zwei Tage an der Schule hinter mich gebracht, einen Wochenendausflug nach Baños gemacht und Ungeziefer mit der Chemiekeule bekaempft. :-)

Doch zunaechst der Reihe nach (richtet euch darauf ein, dass dieser Eintrag etwas laenger wird): Am Donnerstag war es so weit und ich musste von meiner Gastfamilie Abschied nehmen und in meine neue Unterkunft fahren. War eine traurige Angelegenheit, da ich mich in der Familie wirklich wohl gefuehlt hatte und auch gut eingelebt hatte. Vicente und Martha (die Besitzer der Sprachschule) haben mich zusammen mit ihrem Pflegesohn Stephan abends gegen 5 Uhr abgeholt und mich mit dem Auto in meine neue Unterkunft gebracht. Nach etlichen Zwischenstops kamen wir dann bei Regen und Dunkelheit bei meinem neuen zu Hause an. Die Unterkunft ist einfach, aber man hat alles was man zum Leben braucht. Insgesamt gibt es ein grosses Wohnzimmer, eine Kueche, eine Minibad und zwei Zimmer mit insgesamt fuenf Betten. Allerdings bin ich fuer die naechsten zwei Wochen die einzige Person und daher sehr dankbar ueber die Gesellschaft von Fernseher (Nur Spanisch ohne Untertitel - Mist!) und CD-Player. An dem Abend ist nicht mehr viel geworden und ich bin ziemlich zeitig ins Bett gegangen. Dabei habe ich entsetzt und absolut angeekelt festgestellt, dass es auf der Nachbarmatraze nur so von Wanzen und Milben (Zumindest denke ich, dass es Wanzen sind. Stelle ich mir genauso vor!!!) gewimmelt hat. Folglich habe ich den messerscharfen Schluss gezogen, dass es unter meinem Bettlaken auch nicht viel besser aussieht und daher auch eine sehr unruhige Nacht verbracht - hat natuerlich ueberall gekrabbelt.

Am naechsten Morgen musste ich dann zeitig raus (ueberhaupt nicht schlimm aufgrund der Mitbewohner) und mich fuer die Schule fertig machen. Vicente wollte mich gegen halb Acht abholen, aber kam fast eine halbe Stunde spaeter um mich zur Schule zu bringen (Er meinte Stau, aber laut Stephan verschlafen). In der Schule angekommen wurde ich den Lehrern und zwei der Klassen vorgestellt, wobei mich die eine Klasse mit einem donnernden Applaus empfangen hat (Ja!!!). Der darauffolgende Unterricht war dann mehr als chaotisch. In der Klasse, in der ich geholfen habe, wurden die Erst- und Zweitklaessler gleichzeitig unterrichtet und mit verschiedenen Aufgaben versehen. Ich musste dabei die Arbeit der einen Haelfte ueberpruefen, was ziemlich chaotisch war (muss unbedingt noch mal die Imperative pauken!). Die Schueler sind wirklich superlieb und schliessen einen auch gleich ins Herz, allerdings machen sie meistens nicht das, was sie sollen (Ursache: siehe fehlende Imperativkenntnisse). Wie auch immer, ich konnte an meinem ersten Tag frueher gehen und habe mich daraufhin entschieden nach Sangolqui zu fahren, um Lebensmittel und viiieeel Insektenvernichtungsmittel zu kaufen. Die Hinfahrt war auch noch kein Problem und die Leute waren sehr hilfsbereit und so habe ich den naechstgroesseren Supermarkt auch ohne Probleme gefunden. Mein erster Gang fuehrte mich zu den Reinigungsmitteln und Insektenvernichtungsspray und erst anschliessend zu den Lebensmitteln (man muss Prioritaeten im Leben setzen!). Fuer den Einkauf habe ich eine halbe Ewigkeit gebraucht, was daran lag, dass ich erst mal alles suchen und dann Preise vergleichen musste. Lebensmittel sind hier uebrigens nicht guenstiger als bei uns, teilweise sogar etwas teurer und dass bei einem monatlichen Einkommen von 130 Euro Mindestlohn! Nach dem Einkauf wollte ich dann wieder in mein Dorf zurueckfahren, doch der Zettel mit dem Dorfnamen war weg. Nun stand ich also an den Haltestelle und wusste nicht wie mein Ort heisst und welchen Bus ich folglich nehmen muss. Nach verzweifelten Telefonanrufen konnte ich dann aber den Namen in Erfahrung bringen und mich letztendlich doch noch auf den Heimweg machen. Zu Hause habe ich dann erst mal einen kleinen Putzanfall bekommen und die Unterkunft auf Vordermann gebracht (soweit das die Verhaeltnisse eben zuliessen). Und danach bin ich wieder mit einem etwas mulmigen Gefuehl im Magen ins Bett - Insektenvernichtungszeug konnte ich nicht anwenden, da ich nicht wusste, ob es so gut ist inmitten der Daempfe zu schlafen.

Am Samstag musste ich gegen 6 Uhr raus, um gegen 7 Uhr mit dem Bus nach Quito fahren zu koennen. Fuer das Wochenende war ein Ausflug nach Baños zusammen mit Stephan und Anna-Lena geplant (zwei weitere Deutsche - hier gibt es irgendwo ein Nest ;-D). Vor meinem Aufbruch in die Ferne bin ich dann allerdings in eine gezielte und zugegebenermassen unfaire Schlacht mit dem Ungeziefer gezogen und habe alles mit dem Insektenvernichtungsspray eingenebelt. Anschliessend die Tuer geschlossen und gehofft, dass die Viecher alle einen (qualvollen) Tod sterben (wurde nachts gebissen, daher moege man mir dieses tierfeindliche Verhalten nachsehen). Mit dem Bus ging es dann wie gesagt nach Quito und von dort vier Stunden nach Baños. In einem Ort kam dann der Helfling des Busfahrers ganz aufgeregt rein und hat alle Gardinen zugezogen - wuerde ja gerne mal wissen, was das fuer ein Viertel war! In Baños angekommen, haben wir uns dann einen Fahrradladen gesucht und auch welche ausgeliehen (Ihr habt richtig gehoert: Fahrraeder - auch eines fuer mich). Unser Plan war es bis nach Rio Negro mit dem Fahrrad zu fahren und zwischendurch immer wieder an den verschiedenen Wasserfaellen anzuhalten, die man dort bewundern kann. Zu Beginn haben wir gleich einmal die falsche Richtung eingeschlagen, aber dank meines ersten Schwaecheanfalls und einem Anruf von meiner Mama hatten die beiden anderen genuegend Zeit den Fehler zu entdecken und anschliessend zu beheben. Auf der richtigen Strecke ging es dann erst mal eine ganze Weile bergab (kein Problem) und bergauf (der Horror!). Dank meiner grauenhaften Kondition waren die beiden anderen etwas spaeter schon wieder gezwungen eine Pause einzulegen, aber so haben wir auch mehr durch Zufall den ersten Wasserfall entdeckt (So eine schlechte Kondition kann also durchaus auch ihre Vorteile haben). Im weiteren Verlauf kamen wir an immer mehr Wasserfaellen vorbei und es ging auch ueberwiegend bergab. Das ging so lange gut bis wir an einen unbeleuchteten Tunnel kamen. Wir hatten alle kein Licht an unseren Raedern und da der Tunnel noch eine Biegung machte, hat man ohne Licht wirklich gar nichts gesehen (und wenn ich an dieser Stelle ¨nichts¨ sage, dann meine ich auch nichts). Vor uns ist allerdings ein LKW in den Tunnel gefahren und wir haben Fersengeld gegeben, um wenigstens halbwegs an ihm dranbleiben zu koennen. Hatte echt etwas Bammel, dass uns ein evt. nachfolgendes Auto nicht sehen und ueber den Haufen fahren konnte. Allerdings haben wir das Abenteuer gut ueberstanden und zur Staerkung einen kleinen Zwischenstop an einem Strassenstand eingelegt. Dort haben wir dann frittierte und gegrillte Banane mit Kaese gegessen (sehr lecker!). Gestaerkt ging unser Weg weiter bis wir einen etwas aelteren ebenfalls deutschen Herren getroffen haben, der uns empfahl mit der Gondel ueber das Tal zu fahren, um einen besseren Blick auf die Landschaft zu haben. Gesagt, getan und wir sassen in der Gondel und sind in atemberaubender Hoehe ueber das Tal gefahren. Nach diesem kurzen Abenteuer ging es dann abermals auf den Raedern weiter (zu dem Zeitpunkt wusste ich schon nicht mehr wie ich auf dem Sattel sitzen sollte vor Schmerzen). Direkt nachdem wir uns wieder auf die Raeder geschwungen hatten, kamen wir an einem Bus vorbei um den drei Pferde drumherum standen. Ich habe mich etwas gewundert und beim Vorbeifahren einen Blick in den Bus geworfen und was soll ich sagen, der erste Gedanke, der mir in den Kopf schoss, war der eines bewaffneten Ueberfalls!! Folglich habe ich die beiden anderen etwas zu Eile angetrieben, da ich das nicht unbedingt unter ¨Erlebt¨ abhaken moechte (vermutlich ist an dieser Stelle etwas die Phantasie mit mir durchgegangen, aber man muss es ja nicht provozieren). Etwas spaeter kam uns dann eine kleine Kolone entgegen. Vor einem LKW fuhren drei Motorraeder, der einen Bus abschleppte. Es war ebenfall ein gelber Bus von oder nach Baños (nur eben ein Express und nicht ein Normaler, wie der den wir hatten), der auf der Strecke einen schweren Unfall gehabt haben muss. Auf jeden Fall sah es so aus als waere der Bus frontal und mit hoher Geschwindigkeit in eine Strassenlaterne oder Baum oder aehnliches gerauscht. Die vorderen Reihen hatten schlechte Karten bei dem Unfall und wie wir am naechsten Tag erfahren mussten, sind bei dem Unfall auch 5 Menschen ums Leben gekommen. Folglich habe ich der Rueckfahrt mit etwas mulmigen Gefuehl entgegengeschaut. Nach diesem schockierenden Anblick ging es dann aber zunaechst ohne weitere Zwischenfaelle nach Rio Verde zu einem grossen Wasserfall (Name ist mir entfallen - kann ich bei Interesse nachschlagen). Der Wasserfall war echt schoen und ich habe auch etliche Fotos geschossen. Fuer den weiteren Verlauf des Tages haben sich dann allerdings unsere Wege getrennt. Waehrend Stephan noch unbedingt 12 km nach Rio Negro fahren wollte, wollten Anna-Lena und ich nach Baños zurueck. Uns war es einfach zu spaet und damit auch die Gefahr zu gross nicht mehr von Einbruch der Dunkelheit anzukommen und ausserdem waren wir ziemlich k.o. Anna-Lena und ich haben unsere Raeder also auf einen kleinen Transporter gepackt und sind mit diesem und vier anderen Touristen nach Baños zurueckgefahren, wo wir uns ein Zimmer in einer echt schoenen und noch dazu guenstigen Unterkunft gesucht haben. Nach Hamburger und Pommes sind wir dann mehr oder weniger muede ins Bett gefallen und relativ frueh eingeschlafen.

Am naechsten Tag (Sonntag) haben wir uns freiwillig zeitig den Wecker gestellt, um noch etwas von Baños sehen zu koennen, bevor wir wieder nach Quito zurueckfahren mussten. Unser erster Weg fuehrte uns zum Baecker und zum Markt, wo wir alles fuer unser Fruehstueck gekauft haben. Anschliessend ging es dann zur Virgin de Agua Santa (in die Berge). Uns wurde gesagt, dass man dafuer 10 Minuten benoetigt (vermutlich Profisportler), allerdings nicht mit unserer Kondition. Wir mussten mehrere Pausen einlegen, um wieder zu Atem zu kommen und so dauerte unser Aufstieg eher etwas mehr als eine Stunde. Von dort aus ging es dann zum Wasserfall in Baños, wo wir ein paar weitere schoene Fotos geschossen haben und anschliessend in den Ort rein und etwas bummeln. Da wir nicht zu spaet in Quito sein wollten, haben wir uns dann gegen halb zwoelf zum Busbahnhof gemacht, um nach Quito zurueckzufahren. Die Rueckfahrt war sehr schnell vorbei und wieder in Quito angekommen, habe ich dann einen Bus nach Fajardo genommen (So heisst das Dorf, in dem ich wohne. Hab uebrigens vergessen zu erwaehnen, dass ich jetzt in einer sehr laendlichen Gegend wohne. Hier gibt es Huehner, Kuehe und Schweine - Letztere kann ich von meiner Unterkunft aus hoeren). Wieder zu Hause angekommen, habe ich mich ein weiteres Mal mit Insektenspray bewaffnet und noch etwas geputzt. Damit war der Tag auch schon vorbei.

Heute Morgen musste ich dann leider feststellen, dass das Spray nicht alle Viecher erwischt hatte (wurde gebissen - drei Wanzen sind tot). Bin daher noch mal mit dem Spray ins Felde gezogen und anschliessend an die Schule. Ich wurde superlieb und herzlich von den Kindern empfangen. Die kommen alle immer gleich an und haengen sich zu mehreren an einen dran und kuscheln einen halb zu Tode. Nach dieser suessen Begruessung habe ich dann meine ersten Englischstunden gegeben, was teilweise etwas chaotisch war, da ich nicht wusste, was die Kinder schon koennen und was nicht. Hab auch versucht den Erstklaesslern etwas beizubringen, was dadurch erschwert wurde, dass die noch nicht richtig schreiben koennen und meine Schrift definitiv nicht ordentlich genug war (Gott sei Dank ein Problem, das relativ leicht zu beheben ist). Und nach der Schule ging es dann erst mal ziemlich geschafft nach Hause, wo ich meine naechsten Stunden grob geplant und spanische Vokabeln als Entsprechung fuer die Englischen aus dem Woerterbuch rausgesucht habe.

So viel zu den letzten ereignisreichen Tagen. Wie ihr seht, geht es mir also gut (abgesehen von Ungeziefer und Einsamkeit gekoppelt mit Langeweile) und ich bin wohlauf. Freue mich daher auf eure Nachrichten aus der Heimat.

Fuehlt euch ganz lieb gedrueckt,
eure Kathrin




1 Kommentar:

Maria Müller hat gesagt…

Hallo liebe Kathrin!
Fein, das es dir gut geht. Ich schaetze auch du bist in Fajardo gelandet. Gegen die Wanzen hilft es, wenn du die Matratze tagsueber, wenn die Sonne kraeftig scheint, aufs Dach legst... Aber ich schaetze, das ein oder andere Wanzenei bleibt einfach drin - damit jeder sich damit mal rumaergern kann... An welcher Schule bist du denn gelandet? Ich bin neugierig mehr zu erfahren!
Gruss aus (heute) Lima - Maria